30.8.2021, 12 Uhr
Konrad-Wolf-Preis 2021 an Abderrahmane Sissako
Preisverleihung am 5. Oktober 2021
Die Akademie der Künste verleiht den diesjährigen Konrad-Wolf-Preis 2021 an den mauretanischen Regisseur Abderrahmane Sissako. Die Verleihung des Preises findet am 5. Oktober 2021 statt. Die Jury bilden Erika Gregor, Ehrenmitglied der Akademie der Künste, Ulrich Gregor, Akademie-Mitglied, sowie die Kuratorin und Filmemacherin Dorothee Wenner.
Die Juror*innen würdigen mit ihrer Wahl einen der wichtigsten Filmemacher aus Subsahara-Afrika. In ihrer Begründung heißt es: „Die Filme Abderrahmane Sissakos zeichnen sich – bei aller Unterschiedlichkeit – dadurch aus, dass sie keine vorhandenen Grenzen akzeptieren, sondern diese überschreiten, überfliegen, sie in Frage stellen und künstlerisch erweitern. Für den in Mauretanien geborenen, in Mali aufgewachsenen Filmemacher gab es keinen vorgezeichneten Weg ins Regiefach. Er ist ein Pionier geblieben, der sich für jeden Film als Regisseur neu zu erfinden verstand: durch die Auswahl seiner Stoffe, durch die meisterhafte Beherrschung filmischer Mittel, durch seinen sicheren Blick auf die Realität. Die Jury zeichnet Abderrahmane Sissako aus, weil seine Filme – wie die Konrad Wolfs – die Kinoleinwand als einen wirkmächtigen Ort betrachten, von dem humanitäre und aufklärerische Impulse ausgehen. Heute, wo das globale Nebeneinander von Kulturen und Kontinenten neu verhandelt wird, verdient Abderrahmane Sissako unsere Anerkennung, unsere Aufmerksamkeit, unseren Dank.“
Abderrahmane Sissako wurde 1961 in Kiffa, Mauretanien, geboren und ist in Mali aufgewachsen. Von 1983 bis 1989 studierte er Regie am Moskauer Gerassimow-Institut für Kinematographie (WGIK), an dem auch Konrad Wolf, der Namensgeber des Preises, von 1949 bis 1954 ein Studium absolvierte. Seit Anfang der 1990er-Jahre lebt Sissako in Paris. In seinen Filmen erweitert er die filmisch dargestellte Realität durch verschiedene Erzählebenen und die Erfindung neuer dramaturgischer Formate. Sein erster Langfilm, der Dokumentarfilm Rostov- Luanda (1997), wurde auf der „Documenta X“ gezeigt. Mit dem dokumentarischen Spielfilm Bamako (2006) etablierte er sich als ein Regisseur, der das Politische mit dem Poetischen zu verschränken weiß. In einem fiktiven Gerichtsprozess wird die Zukunft des afrikanischen Kontinents verhandelt: Angeklagt sind der Internationale Währungsfonds und die Weltbank, die das Gemeinwohl dem Diktat ausländischer Investoren zu unterwerfen suchen. Parallel zu den Gerichtsszenen skizziert Sissako Alltagsszenen, in denen er die politischen Verhältnisse in teils absurde, teils tragische Geschichten übersetzt. Der Film Timbuktu (2014) über die Besetzung von Teilen Malis durch radikale Dschihadisten gewinnt vor der aktuellen Situation in Afghanistan eine erschreckende Aktualität. Facettenreich zeigt er, wie die Besetzung der Stadt sich auf den Alltag der Bevölkerung auswirkt: Kleidungsvorschriften, Zwangsheiraten, Steinigungen oder das Verbot von Musik werden mit Gewalt durchgesetzt. Auch in Das Leben auf Erden (La vie sur terre) (1999) und in Warten auf das Glück (En attendant le bonheur) (2001) thematisiert er ökonomisch-kulturelle Aspekte des afrikanischen Kontinents und beleuchtet die Hinterlassenschaft des Kolonialismus. Sissakos Filme wurden wiederholt zu den großen Filmfestivals eingeladen. 2003 war er Mitglied der internationalen Jury der Berlinale, 2007 Mitglied der Jury der Filmfestspiele von Cannes.
Benannt nach dem Filmregisseur und langjährigen Präsidenten der Akademie der Künste der DDR wird der mit 5.000 Euro dotierte Konrad-Wolf-Preis jährlich für herausragende künstlerische Leistungen auf den Gebieten der Darstellenden Kunst oder der Film- und Medienkunst vergeben. Zuletzt ging er an den Regisseur und Schauspieler Alexander Lang, die Dokumentarfilmregisseurin Heidi Specogna (2019) und die Kulturzeitschrift Lettre International (2018).