9.8.2018, 15 Uhr
Ein Bild der Katastrophe in der Kunstsammlung: Der Untergang Pompejis von Oscar Begas wird gerettet
Ein Hauptwerk von Oscar Begas, Der Untergang Pompejis, kehrte vor zehn Jahren in die Kunstsammlung der Akademie zurück. Von Juni bis Oktober 2018 repräsentiert es in einer Ausstellung in der Kunsthalle Hamburg eine doppelte Katastrophe: als Bildmotiv und als im Krieg beschädigtes Kulturgut. Im Anschluss wird es dank der Zuwendung des Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder restauriert.
1852 trat Oscar Begas im Wettbewerb um den begehrten Rom-Preis der Königlichen Akademie der Künste mit der großformatigen Komposition Der Untergang Pompejis an. Seine dramatische Darstellung einer Familie auf der Flucht vor dem lavaspeienden Vesuv bescherte ihm ein zweijähriges Stipendium und den künstlerischen Durchbruch. Als Inspiration diente dem Maler eine literarische Vorlage, die ihn seit seiner Jugend beschäftigte: Tagebucheintragungen aus dem Jahr 1844 belegen seine Faszination für Edward Bulwer-Lyttens historischen Roman Die letzten Tage von Pompeji (1834), den der Sechzehnjährige sogar in Teilen übersetzte. In dem Gemälde orientierte sich Begas nur grob an dem Text. Das Werk zeigt nicht die kinderlosen Protagonisten Glaukus und seine Geliebte Ione, die aus der dem Untergang geweihten Stadt flüchten, sondern eine emblematische Familie, deren Komposition an den alttestamentarischen Lot auf der Flucht aus Sodom erinnert.
Begas gelang trotz des thematisch bedingten Chaos eine harmonische Komposition. Die dynamisch bewegten monumentalen Körper und Draperien unterstreichen die Dramatik der Szene, die Gesichtszüge der Dargestellten lassen auf ein ganzes Spektrum von Gemütsregungen schließen: Während der Vater mit analytischer Entschlossenheit zum Vulkan emporblickt, packt er mit der Rechten seinen Sohn und legt die Linke schützend um seine Frau. Im Gesicht des Knaben spiegelt sich Schrecken wider; die Mutter blickt besorgt auf ihr verängstigtes Baby. Die Figur im Hintergrund, möglicherweise ein Sklave, trägt mit geduckter Haltung sein Bündel.
Das Gemälde wurde von der Akademie angekauft und 1926 an die Berliner Staatsbibliothek verliehen. Während des 2. Weltkriegs wurde das Werk durch Umlagerungen und Kriegseinwirkung sehr in Mitleidenschaft gezogen und, für den Ausstellungsbetrieb schon aufgrund des konservatorischen Zustands nicht geeignet, schließlich im Keller der Alten Nationalgalerie eingelagert. Erst vor zehn Jahren kehrte es – beschmutzt, stark beschädigt und ohne Rahmen – in die Kunstsammlung der Akademie der Künste zurück.
In der Ausstellung Entfesselte Natur: Das Bild der Katastrophe seit 1600, in der Hamburger Kunsthalle, ist das Gemälde bis zum 14. Oktober 2018 erstmals und einmalig im unrestaurierten Zustand ausgestellt. Es steht sinnbildlich für eine doppelte Katastrophe: Den dargestellten drohenden Verlust der Heimat durch ein verheerendes Naturereignis sowie die Zerstörung von Kulturgut durch Kriegseinwirkung.
Eine großzügige finanzielle Zuwendung des Freundeskreises der Kulturstiftung der Länder im Rahmen des Stiftungsbündnisses Kunst auf Lager ermöglicht es der Kunstsammlung der Akademie der Künste, dieses bedeutende Werk im Anschluss an die Ausstellung restaurieren und rahmen zu lassen.
Ansprechpartnerin: Anna Schultz