27.5.2020, 14 Uhr
Das 11. Berliner Hörspielfestival war vom 21. bis 24. Mai erfolgreich live im Stream zu hören und zu erleben
Mit der Verleihung des Jurypreises „Das lange brennende Mikro“ ging am Sonntag, den 24. Mai das 11. Berliner Hörspielfestival (BHF) zu Ende. Vier Tage lang traf sich die unabhängige Hörspielszene vor ihren Endgeräten, um das Festival des freien Hörspiels online zu verfolgen. Neben dem Jurypreis wurden vier Publikumspreise per Online-Voting vergeben.
Vom 21. bis 24. Mai wurde das 11. Berliner Hörspielfestival auf den YouTube-Kanälen des BHF und der Akademie der Künste gestreamt, war auf Facebook live zu erleben und prominent auf der Startseite des Medienpartners radioeins (rbb) zu sehen. Noch bis zum 31. Mai ist das gesamte Festival auf der Webseite des BHF nachzuhören: www.berliner-hoerspielfestival.de.
Die Moderatorinnen und Moderatoren Britta Steffenhagen, Robert Schoen, Frank Kaspar, Giuseppe Maio und Heidi Heidelberg führten durch die Abende und sprachen jeweils im Anschluss an die – mit Visuals von Josef Maria Schäfers untermalten – Hörstücke mit den Autorinnen und Autoren der insgesamt 51 Wettbewerbsbeiträge.
Die Stimmen der diesjährigen vier Publikumspreise kamen aus der ganzen Welt, von den USA über Kanada, Island, Portugal, Bulgarien, Litauen bis Russland – vorwiegend aber aus dem deutschsprachigen Raum.
Der „MikroFlitzer“ für Hörspiele mit einer Länge bis zu einer Minute, die den Satz „Erst mal nur alles“ und das Geräusch einer taumelnden Weltkugel enthalten mussten, ging an Die Eisdiele vorm Hochhaus an der Autobahn von der Autorin Chrizzi Heinen.
„Das kurze brennende Mikro“ für Hörstücke zwischen 5 bis 20 Minuten Länge ging an die 20-minütige Satire Die Universität des Scheiterns, das Erstlingswerk des Videokünstlers und Filmstudenten Moritz Geiser aus Berlin.
„Das glühende Knopfmikro“ für Hörspiele zwischen 1 bis 5 Minuten ging an die knapp fünf-minütige groteske Beziehungsgeschichte Sabines Hand der Potsdamer Filmstudentinnen Sarah Bekker und Elena Weihe.
Das erstmals vergebene „The burning mic“ für internationale, nicht-deutschsprachige Hörspiele in einer Länge von 1 bis 60 Minuten wurde an das nur dreieinhalb-minütige O-Ton-Stück 3 Minutes of Silence des belgischen Autors Wederik De Backer vergeben, der ironisch das unangenehme Schweigen seiner Familie während einer Autofahrt thematisiert.
Der Jurypreis „Das lange brennende Mikro“ für Hörspiele zwischen 20 und 60 Minuten ging an das 24-minütige Stück Die Hauser-Show des Performance-Künstlers Rainer Wendt aus Halle an der Saale – ein verrätseltes Stück, das motivisch an die Romantik mit ihrem Hang zum düster Schaurigen anschließt.
In der Jurybegründung heißt es:
„Rückblickend auf die insgesamt 183 Einreichungen zum 11. Berliner Hörspielfestival 2020 kann man einen Motivkomplex erkennen, der sich in verschiedensten Formen durch die unterschiedlichsten Hörstücke zog. Es ist das Thema der Grenze, der Grenzziehung, der Grenzverletzung, der Grenzüberschreitung und der Entgrenzung. Grenzen sind die Voraussetzung für Grenzüberschreitungen, einerseits – andererseits sind Grenzen auch die Voraussetzung für Identitätsbildungen. Wer körperliche Grenzen verletzt, wird sanktioniert, wer seine eigenen Körpergrenzen verletzt, wird transformiert. Und ein großer ‚Transformator‘ bekommt dieses Jahr den Preis ‚Das lange brennende Mikro‘.“
Die Mitglieder der Jury waren: Annette Schmucki und Reto Friedmann vom Schweizer Duo „blablabor“, der Autor und Regisseur Oliver Sturm, die Radiomacherin und Vorjahressiegerin Anja Penner sowie der Hörspielkritiker und Feature-Autor Jochen Meißner für die Künstlerische Leitung des BHF. Der Gewinner Rainer Wendt wird im kommenden Jahr Mitglied der Jury sein.
Die Preise des Berliner Hörspielfestivals – die berühmten „brennenden Mikros“ sind mit hochwertigem Audio-Equipment dotiert. In diesem Jahr waren außerdem Trophäen aus dem Bestand des Funkerberg-Museums des Fördervereins Königs Wusterhausen e.V. zu gewinnen.
Nur einem gefiel das Festival anscheinend nicht: dem Algorithmus von YouTube, der das englischsprachige Stück Not in the Cards der deutschen Autorin Vivien Schütz für anstößig hielt und den Stream kurzerhand löschte. In ihrer anrührenden O-Ton-Reportage schildert ein blinder, schwuler New Yorker aus Brooklyn sein Leben. Auf Facebook konnte man dem Stück aber ungestört live folgen.