15.11.2010
Akademie der Künste erhält Nachlass des Musikethnologen Alfons M. Dauer
Wie seine Familie erst jetzt bekanntgab, ist am 27. Oktober 2010 der deutsch-österreichische Musikethnologe Alfons M. Dauer im 90. Lebensjahr in Graz gestorben. Sein wissenschaftlicher Nachlass, zu dem seine gesamten Forschungsunterlagen, Tonaufnahmen, Korrespondenzen und zum Teil unpublizierte Arbeiten gehören, wird vom Archiv der Akademie der Künste, Berlin, übernommen.
Alfons M. Dauer, 1921 in Bamberg geboren, gilt als der Nestor der internationalen Jazzforschung. Seine Bücher "Der Jazz. Seine Ursprünge und seine Entwicklung" (1958) sowie "Jazz – die magische Musik" (1961) setzten durch ihren hohen akademischen Anspruch und die exakten Transkriptionen und Analysen schriftloser Musiktraditionen neue Standards in der Erforschung der afro-amerikanischen und afrikanischen Musik.
Dauer studierte Musik, Anglistik und Ethnologie (mit Schwerpunkt auf Afrika) unter anderem in Mainz, wo er 1960 mit einer Arbeit über die Ethnogenese der Mangbetu promovierte. Von 1965 bis 1976 war er Leiter der ethnologischen Abteilung am Institut für den wissenschaftlichen Film in Göttingen, für das er die Produktion von über 400 ethnographischen Filmen betreute und selbst mehrere Forschungsreisen nach Afrika unternahm.
Von 1976 bis 1991 hatte er den ersten Lehrstuhl für Afro-Amerikanistik in Europa an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz inne. In dieser Zeit veröffentlichte er unter anderem Studien über die Typologie vokaler Bluesformen, die Tradition afrikanischer Blasorchester und die systematische Klassifikation von Rhythmen. Seither widmete sich Dauer vermehrt historischen Fragestellungen, etwa der Vorgeschichte von Jazzformen, die er keineswegs mehr nur in Afrika vermutete, oder der "Linearen Mehrstimmigkeit", die er mit dem Ohr des Ethnologen als ein weit über den europäischen Kulturkreis hinaus verbreitetes Phänomen erforschte.
Alfons M. Dauer betreute über Jahrzehnte hindurch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zu musikethnologischen und jazzspezifischen Themen an deutschen und österreichischen Universitäten.
Für Rückfragen: Werner Grünzweig, Leiter Musikarchive, Tel. 030 200 57-32 61, gruenzweig@adk.de