28.7.2021

„Memories in Music“

Festival zeitgenössischer Musik vom 6. – 8. August 2021 in der Akademie der Künste, Hanseatenweg 

Das Festival „Memories in Music“ zeigt ein breites Spektrum zeitgenössischer Musikpraxis, die Kanons und ästhetische Normen hinterfragt und an Geschichtsschreibung, Erinnerungskultur und gesellschaftlicher Transformation mitwirkt. Die beteiligten Komponist*innen und Musiker*innen sind Mitglieder der Akademie der Künste, Protagonist*innen der Berliner Szene und zahlreiche internationale Gäste. Nachdem der erste Teil des Festivals im Mai nur digital übertragen werden konnte, findet vom 6. bis zum 8. August 2021 der zweite Teil live in der Akademie der Künste am Hanseatenweg statt. Bei zwei Konzertabenden und fünf Klanginstallationen geht es um die Frage: Was wird in Musik oder Klang erinnert und welche Austauschprozesse liegen dahinter? Das Festival ist Teil des Akademie-Programmschwerpunktes „Arbeit am Gedächtnis – Transforming Archives“.

Programmdetails

Das Konzertprogramm „Fokus Libanon“ (6. August) wirft einen besonderen Blick auf diese politisch und kulturell krisengeschüttelte Region. Das Projekt Voice Affairs der Neuen Vocalsolisten, eine europäische Koproduktion, initiiert künstlerische Dialoge mit den experimentellen Musikszenen im Libanon. Über unterschiedliche Zugänge zur Stimme und ihre historischen, religiösen und kulturellen Implikationen entsteht eine Erkundung von Vielfalt, Widersprüchlichkeit, Explosivität und Poesie des libanesischen Kulturraums. Sieben Komponist*innen haben individuelle musikalische Tableaus entworfen, die spezifische Erinnerungen einkreisen, politisch wirken, komplexe Kulturgeschichte auffächern und klangliche Reibungen zwischen arabischer und europäischer Kunstmusik zulassen. Mit Werken von Panos Aprahamian, Dániel Péter Biró, Manolis Manousakis, Aya Metwalli, Samir Odeh-Tamimi, Youmna Saba, Raed Yassin und Cynthia Zaven.

Eröffnet wird der Abend mit einer Klanginstallation von Tony Elieh, der im Vergessen eine Chance sieht, der immer wieder der Zerstörung ausgesetzten libanesischen Stadt Beirut zu entkommen und dessen Installation von einem Jingle ausgeht, der im Bürgerkrieg die Nachrichtensendung im christlichen Ostteil Beiruts ankündigte. Den Programmabschluss bildet die libanesische Band Calamita, die mit ihren Songs Möglichkeiten erforscht, klassische Tarab-Lieder aus ihren Ursprüngen herauszulösen und in der Musik des 21. Jahrhunderts neu zu gestalten.

Das Konzert mit dem ensemble mosaik (7. August) stellt das Werk von Walter Zimmermann als Erinnerungsarbeit vor und bringt Kompositionen zu Gehör, in denen der Komponist Bezug nimmt auf Pilgerrouten nach Sarajevo, auf bosnische Volksmusik oder auf Musikkulturen, die er auf Reisen dokumentierte und zu denen er eine reflektierte Haltung entwickelte. Der armenische Komponist Petros Ovsepyan erinnert an die durch Migration verlorene Sprache und den Völkermord, indem er in seine Komposition Tondokumente armenischer Sprache aus dem Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin einbettet. Annette Schmucki verarbeitet Lieblingslieder der Ensemble-Musiker*innen. Annesley Black beschäftigt sich in ihrer Komposition mit den durch Ölförderung und Klimawandel gefährdeten Rentiergebieten im Lebensbereich der Vuntut Gwitchin in Nordkanada und einer dort entstandenen Fiddlekultur. Leopold Hurt setzt sich kompositorisch und klanglich mit der alpenländischen Volksmusik auseinander und nutzt dabei Schellackplatten aus Niederösterreich und Bayern als akustische objets trouvés.

Die Klanginstallationen (7./8. August) im Außenbereich des Akademie-Gebäudes komplettieren das Festival-Programm: Doppelbelichtung von Carola Bauckholt ist eine Installation mit im Baum hängenden Violinen, bei der Vogelklänge von der Violinistin Karin Hellqvist live ununterscheidbar imitiert werden. In TRENZA geht der bolivianische Komponist Carlos Gutierréz dem Zustand der „Klanghalluzination“, einer indigenen Klangpraxis, nach. Lívio Tragtenberg inszeniert Guilherme Vaz’ long durational Sinfonia dos Ares mit mechanischen Maracas. Von Walter Zimmermann ist die Komposition Baille de la Conquista, die sich auf einen sich über die Kolonisatoren lustig machenden südamerikanischen Tanz bezieht, als Videoinstallation zu entdecken.

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„Memories in Music“ ist ein Projekt der Sektion Musik der Akademie der Künste, kuratiert von Julia Gerlach, Sekretär der Sektion Musik, in Zusammenarbeit mit den Akademie-Mitgliedern Samir Odeh-Tamimi und Walter Zimmermann. Der erste Teil des Festivals „Memories in Music“ (6. – 9.5.2021) kann auf YouTube nachgehört werden.

Projektpartner: Berliner Künstlerprogramm des DAAD, Deutschlandfunk Kultur, Goethe-Institut (Beirut, La Paz, Sao Paulo), Irtijal Festival Beirut, Musik der Jahrhunderte, Neue Vocalsolisten, Onassis Cultural Center/Stegi Athen und Ultima Oslo Contemporary Music Festival. Medienpartner: VAN, Digital in Berlin, taz. Gefördert durch Hauptstadtkulturfonds, Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und Berliner Senat

Vgl. Pressemeldung vom 21.04.2021
Pressekarten unter presse@adk.de, Tel 030 20057 1514