Die Chimäre der Information
Wie werden wir informiert?

Wir leben in einer Zeit der rasanten Veränderungen der Medienlandschaft.  Aber führt diese Informationsrevolution zu mehr Informiertheit und Wissen oder ist ihr Ergebnis eine neue Form von Ignoranz? Entgegen ursprünglicher Verheißungen ist die totale Transparenz der Netze kein verlässliches Korrektiv, sondern produziert neue Formen von Intransparenz und Einflussnahme. Netzwerkkonzerne strukturieren Wahrnehmungsprozesse und beeinflussen Wirklichkeitskonstruktionen, darüber hinaus setzt eine hoch professionalisierte Branche von PR-Spezialisten und Medienberatern Impulse für Erzählweisen. Informationen werden so zu Mythen und Affektbeschleunigern und trotz nie dagewesener Informationsfülle ist ein neuer Konformismus in den Medien nicht zu übersehen. Stimmt die Behauptung, wonach nicht entscheidend ist, was geschieht, sondern wie es kommuniziert, performt und wahrgenommen wird?

Wie entstehen unsere Ansichten? Wie kann sich der Journalismus als gesellschaftskritische Instanz unter diesen neuen Umständen artikulieren? 

Der Zugang zu diesem Thema ist sowohl ein philosophischer als ein Nachdenken über unsere Zeit und Gesellschaft, wie auch einer, der die Fragen an konkreten Beispielen erörtert.

Programm

Freitag, 14. September

18.00
Einführung Jutta Brückner: Die Chimäre der Information 
Vortrag Byung-Chul Han: Information in der Transparenzgesellschaft
Vortrag Jana Seehusen: Warum glauben wir Bildern wider besseren Wissens?

19.30 Panel
Byung-Chul Han - Jana Seehusen - Georg Seeßlen. Moderation: Bert Rebhandl

Sonnabend, 15. September
13.00
Der mythische Zweck von Nachrichten
Vortrag Georg Seeßlen: "Was ist eine Nachricht?", anschließend Uwe Kammann im Gespräch mit Georg Seeßlen

15.00
Investigativer Journalismus, Prosumenten, Clouds und Netzwerkkonzerne
Vortrag Philip Grassmann: Wird der Journalismus bald überflüssig?
Vortrag Mercedes Bunz: Filter-Bubbles und der automatisierte Journalismus der Netze
Anschließend Gespräch mit Thomas Leif

17.00
Winning Hearts and Minds - Zur Schaffung von Mediennarrativen
Vortrag Jürgen Schulz: Strategische Kommunikation am Beispiel von Kriegen
Case Studies Ulrich Gellermann: Der Mainstream ist der Feind der Wahrheit
Anschließend Gespräch mit Thomas Leif

19.00
The Second Execution of Romell Broom (deutscher Titel: Die zweite Hinrichtung - Amerika und die Todesstrafe)
Dokumentarfilm von Michael Verhoeven, Co-Autorin: Luise Lindermair, Sprecher: Senta Berger, Ulrich Tukur
D 2012, deutsch untertitelt, 88 Minuten
Der Film wurde 2012 beim Rhode Island International Film Festival in Providence/USA mit dem „First Prize for Best Documentary“ ausgezeichnet. Anschließend Jutta Brückner im Gespräch mit Michael Verhoeven und Luise Lindermair 
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Zu den Referenten

Jutta Brückner
Filmemacherin, Filme u. a. Hungerjahre (1980), Bertolt Brecht - Liebe Revolution und andere gefährliche Sachen (1998), Hitlerkantate (2005). Bis 2006 Professorin an der Universität der Künste, Berlin. Direktorin der Sektion Film- und Medienkunst der Akademie der Künste

Mercedes Bunz
Journalistin, „Digital Thinker“, Bücher: Vom Speichern zum Verteilen. Die Geschichte des Internet (2008), Die stille Revolution - Wie Algorithmen Wissen, Arbeit, Öffentlichkeit und Politik verändern, ohne dabei viel Lärm zu machen (2012)

Ulrich Gellermann
Journalist und Filmemacher. Ehemals Creative Director einer Berliner Werbeagentur. Seit 2006 Herausgeber der Onlineplattform Rationalgalerie.

Philip Grassmann
Journalist, ehemals Süddeutsche Zeitung, seit 2008 Chefredakteur des FREITAG

Byung-Chul Han
Philosoph, Professor für Philosophie und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe. Bücher u. a. Müdigkeitsgesellschaft (2010), Topologie der Gewalt (2011), Transparenzgesellschaft (2012)

Uwe Kammann
Journalist. Von 1984 bis 2005 Leiter des Medienfachdienstes „epd Medien“. Juror zahlreicher Medienpreise, Gastautor der Fach-, Tages- und Wochenpresse (u.a. „Die Zeit“). Mitglied des Beirats der Mainzer Tage der Fernseh-Kritik. Seit 2005 Direktor des Grimme-Instituts in Marl.

Thomas Leif
Politikwissenschaftler, Journalist und Autor, arbeitet seit 1985 beim SWR und ist dort Chefreporter Fernsehen. 2007 erschien sein Bestseller „Beraten und verkauft: McKinsey & Co. – der große Bluff der Unternehmensberater“. Seit 2009 Honorarprofessor an der Universität Koblenz-Landau. Mitbegründer und von 2001 bis Juli 2011 Vorsitzender des "Netzwerks Recherche", einem Zusammenschluss von in der Medienbranche Tätigen, die sich als Interessenvertretung für den investigativen Journalismus verstehen.

Bert Rebhandl
Journalist, Filmkritiker (FAZ, taz, Der Standard, Cargo u.a.), Sachbuchautor, Dozent an der Freien Universität Berlin.

Jürgen Schulz
Professor für strategische Kommunikationsplanung/Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation an der Universität der Künste, Berlin. Mitherausgeber des Buches Den Krieg erklären - Sicherheitspolitik als Problem der Kommunikation (2011)

Jana Seehusen
Interdisziplinär arbeitende Medienkünstlerin auf der Grundlage von Untersuchungen über Aufmerksamkeits- und Gehirnprozesse, hypertextuelle Strukturen und medial inszenierte Bildwirklichkeiten. Seit 2011 Promotion an der HFBK Hamburg

Georg Seeßlen
Freier Journalist, Autor, Filmpublizist. Neben seinem außerordentlich umfangreichen Werk über Regisseure wie David Lynch, Quentin Tarantino u.a. erschienen zuletzt von ihm, zusammen mit Markus Metz: Blödmaschinen - Die Fabrikation der Stupidität (2011) Wir Untote! Über Posthumane, Zombies, Botox-Monster und andere Über- und Unterlebensformen in Life Science & Pulp Fiction (2012)

Michael Verhoeven
vielfach ausgezeichneter Dokumentar- und Spielfilmregisseur. Filme o.k. (1970), Die weiße Rose (1982), Das schreckliche Mädchen (1990), Mutters Courage (1995), Der unbekannte Soldat (2006), Menschliches Versagen (2008) und andere. Mitglied der Akademie der Künste